Kita Typ 150 Minus

Modulare Kita-Bauten, Berlin: Anerkennung für Aldinger Architekten/KopperRoth

Der gestiegene Bedarf an Kita-Plätzen hat das Land Berlin bewogen 75 Mio. Euro für die Errichtung 3.000 neuer Kita-Plätze zu veranschlagen. Sie sollen in modularer Bauweise durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen errichtet werden.

Gegenstand des Wettbewerbs „Modulare KITA-Bauten für Berlin Typ 150 minus“ 150 Plätze reduziert auf 120 Plätze ist der Entwurf und die Entwicklung eines dreigeschossigen KITA-Baus, der aufgrund seines hohen Vorfertigungsgrades und seiner modularen Bauweise schnell, kostengünstig und ökologisch errichtet werden kann. Als Standorte sind die wachsende Hauptstadt selbst sowie weitere Orte berlinweit vorgesehen. Darum muss der neue Bautyp flexibel auf verschiedene Grundstückszuschnitte sowie bestehende Bebauungen reagieren können und in unterschiedlichen städtebaulichen Zusammenhängen realisierbar sein.

Aldinger Architekten nahmen im August 2017 an dem nichtoffenen Realisierungswettbewerb mit anschließendem Verhandlungsverfahren nach Vergabeverordnung teil und erhielten für ihren Vorschlag eines kindgerechten modularen „Kita-Baukastens“ eine Anerkennung.

Das Konzept beruht auf der Überlegung zum einen funktionale und zum anderen baukonstruktive Module zu entwickeln. Aus vier bis acht baukonstruktiven Modulen ergibt sich ein funktionales Modul. Auf diese Weise können nicht nur Vorteile der kostengünstigen Vorfertigung und schnellen Montage sondern auch unterschiedliche Baukonfigurationen vor Ort abgebildet werden.

Baukonstruktive Module

Das baukonstruktive Modul leitet sich aus den bewährten Gesetzmäßigkeiten des Holzbaus ab. „Raummodule“ mit einer Länge von 8,25 Metern und einer Breite von 2,5 Metern werden in der Werk- und Montagehalle eines Holzbaufachbetriebs vorgefertigt und auf dem LKW zur Baustelle transportiert. Die Breite von 2,5 Metern lässt einen Transport nach StVo ohne Überbreite und ohne Sondertransportregelung zu und ist ein Faktor für einfaches und kostengünstiges Bauen. Die baukonstruktiven Module werden vor Ort seitlich verbunden und gestapelt.

Funktionale Module

Die funktionalen Module setzen sich aus vier bis acht baukonstruktiven Modulen zusammen und werden vor Ort montiert. Funktionale Module verbinden z.B. Gruppenräume, Sonderräume oder Versorgung. Auch der Schritt des Wachsens und Schrumpfens zwischen 120 und 150 Kita-Plätzen kann durch Addition bzw. Subtraktion gewährleistet werden.

Zwischen den funktionalen Modulen werden für die Erschließungsflächen individuelle Passstücke eingesetzt. Auf diese Wiese sind unterschiedlichste städtebauliche Konfigurationen möglich. So entstehen eher spielerisch und weniger pragmatisch wirkende Konfigurationen, die auf eine poetische Art und Weise kindgerechtes Bauen widerspiegeln: „Wagon, Blumen, Burgen, Perlen“ bilden sich im Grundriss ab. Anders gesprochen können sowohl Einbünder, Zweibünder, Atrien, Kreuzstrukturen, Hofstrukturen als auch Kammstrukturen abgebildet werden und den Gegebenheiten des Ortes bzw. den Grundrissanforderungen jeweils individuell Rechnung tragen.

Konstruktion

Die Tragkonstruktion wird direkt aus der Nutzung und den modularen Systemgrundrissen abgeleitet. Die Konstruktion ist mit wirtschaftlichen Spannweiten und Abmessungen umsetzbar. Außenwände und fest installierte Trennwände werden als tragende Wände ausgebildet. Im Bereich geringer Spannweiten von 2,5 Metern über die kurze Seite können die Decken in der vorgesehenen Holzkonstruktion frei tragend ausgeführt werden. Bei größeren Raumabmessungen bietet sich aufgrund des modularen Aufbaus eine Kombination aus frei spannenden Trägern und quer dazu aufgelegten einachsig tragenden Deckenplatten an. Diese Konstruktion ermöglicht auch eine flexible Gestaltung der Grundrisse bei gleich bleibendem Tragwerkskonzept. Die Aussteifung gegen Horizontallasten ist durch ausreichende tragende Wände in allen Richtungen gegeben.

Material

Im Fokus steht das Material Holz. Holz erfüllt das Anforderungsprofil einer modularen Kita in vielfacher Weise: zum einen ist die ökologische Relevanz nahezu fehlerfrei und vorbildhaft. Von der Einspeicherung von CO2 über regionale handwerkliche Produktion zu gesundem Raumklima bis zur ästhetischen Qualität ist Holz als Baustoff für Kinder ideal. Moderne Technologien im Holzbau verwenden Brettschichtholz oder Brettsperrholz um die Leistungsfähigkeit des Tragwerks insbesondere bei vorgefertigten Raummodulen abzubilden. Diese bewährte und verbreitete Technik wird bei der „KITA 150 minus“ eingesetzt. Im Ausbau werden gebrauchstüchtige Materialien verwendet. Böden aus Linoleum, in Teilbereichen ergänzende Wandbekleidungen aus GK Platten und schallabsorbierende Decken aus Holzwolleleichtbauplatten ergänzen das Bild. Die Treppenhäuser werden aus vorgefertigten Stahlbeton Fertigteilen hergestellt.

Die Fassade wird aus lasierten Weißtanne-Leisten im Format 6×4 cm mit 2 cm Fuge erstellt. Bei den Schiebefaltläden, einzelnen Fassadenfeldern oder vor großflächigen Glasfassaden variiert der Abstand zu größeren Fugen. Damit kann ein Sonnenschutz mit ausreichender Verschattung und gleichzeitiger Durchsicht gestaltet werden. Vor allem entsteht durch das Spiel von Fuge, Fugenbreie und Leiste ein variables dynamisches Bild: Die Fassade entwickelt beim Vorbeigehen sich ändernde Muster und gewinnt damit das Interesse von großen wie kleinen Betrachtern.

Wirtschaftlichkeit / Investition

Die Wirtschaftlichkeit des Projekts liegt in der seriellen Vorfertigung begründet. Jede „KITA 150 minus“ verfügt über 72 konstruktiv identische Raummodule. Bei 15 Kitas entsteht ein Serienpotential von über 1.000 konstruktiv identischen Raummodulen. Die Variation in der Fassade beschränkt sich auf die opaken Giebel und die Fensteranordnung in der Fassade. Die Konstruktion ist in sich wirtschaftlich, da Spannweiten und Wandhöhen mit der gewählten Konstruktion in Einklang stehen.

Gebäudeunterhalt

Die Oberflächen im Ausbau sind robust und einfach gewählt. Dadurch sind die Renovationsintervalle lang, Reparaturen im Bedarfsfall leicht und ohne den Austausch von Bauteilen auszuführen. Die Fassade ist durch die Auswahl der Holzart in Verbindung mit einer Lasur ebenfalls dauerhaft. Ein Neuanstrich ist nicht notwendig, da eine Verwitterung der Lasur mit der Verfärbung des Holzes parallel einher geht.

Gebäudereinigung

Die Gebäudereinigung ist in Bezug auf die robusten Materialien und die Flächenwirtschaftlichkeit günstig.

Entsorgung
Bei einer Entsorgung des Gebäudes nach Ablauf der Gebrauchsdauer (> 50 Jahre) entsteht kein zusätzliches Kostenpotential durch kontaminierte Baustoffe oder nicht recyclingfähige Hybridprodukte.

Raumakustik

Alle Räume erhalten eine schallabsorbierende Deckenverkleidung aus Holzwolleleichtbauplatten. Damit werden alle Schallschutzanforderungen erfüllt.

Energiekonzept

Die Gebäude werden die Anforderungen des Niedrigenergiestandards erfüllen, wie er im neuen Gebäude-Energie-Gesetz definiert werden wird. Mindestens jedoch die aktuellen Anforderungen an ein KfW-Effizienzhaus 55. Darüber hinaus entsprechen die Gebäude den Anforderungen des Erneuerbaren-Energien-Wärmegesetzes.

Die Gebäude sind sehr kompakt und haben für ihre Gebäudegröße ein optimales A/V Verhältnis von 0,35. Die energetische Qualität der Gebäudehülle entspricht den Anforderungen für KfW-Effizienzhaus 40 und wird bestimmt durch niedrige U-Werte (Außenwand 15 W/m2K, Dach 0,12 W/m2K, Fenster 0,8 W/m2K), Minimierung der Wärmebrücken, eine sehr gute Luftdichtigkeit (n50≤0,60 1/h) sowie einen sinnvollen Fensterflächenanteil(30% bezogen auf Fassade, 21% bezogen auf Nutzfläche). Dieser stellt einen guten Kompromiss zwischen natürlicher Beleuchtung, passiver Solargewinne und sommerlichem Wärmeschutz her.

Die Standard Wärmeversorgung erfolgt über Fernwärme. Ist kein Anschluss an die Fernwärme möglich, wird die Wärmeversorgung alternativ mit einer mehrstufigen, reversiblen, mit der PV-Anlage gekoppelten Wärmepumpe realisiert. Als Wärmequellen können standortunabhängig Abwasser-Grundleitungen, Erdsonden oder falls keine anderen Quellen zur Verfügung stehen, die Außenluft verwendet werden.

Die Warmwasserbereitung erfolgt in beiden Varianten über einen Pufferspeicher mit nachgeschalteter Frischwasserstation, die das Wärmwasser im Durchlaufprinzip erhitzt (Reduzierung des Legionellen-Risikos).
In der Standard-Variante wird auf dem Dach eine PV-Anlage mit ca. 50 kWpc Leistung installiert. Bei der alternativen Wärmeversorgung wird die PV-Anlage etwas reduziert und durch eine thermische Solaranlage mit ca. zehn Quadratmetern Fläche zur Warmwasserbereitung ergänzt.

Die Wärmeübergabe im Gebäude erfolgt über eine Fußbodenheizung mit sehr niedrigen Vorlauftemperaturen ( max. 32°C ). Dadurch wird ein vor allem für Kinder sehr angenehmes Raumklima erreicht. Die Belüftung der Aufenthaltsräume erfolgt über Fenster. Alle innenliegenden Räume wie WCs, Dusche, Teeküche, Putzmittelraum…) werden jeweils mit Abluftventilatoren über Dach entlüftet. Die Aufenthaltsräume sind sehr gut natürlich belichtet. Die künstliche Beleuchtung erfolgt auf Grundlage von LED-Technik. In den Aufenthaltsräumen wird die Beleuchtung ausgeschaltet, sobald eine ausreichende natürliche Beleuchtung vorhanden ist. In innenliegenden Räumen wird die Beleuchtung über Präsenzmelder gesteuert.

Den sommerlichen Wärmeschutz garantiert ein außenliegender, mobiler Sonnenschutz vor allen transparenten Flächen. In den Treppenhäusern wird die Verglasung mit leicht getöntem Sonnenschutzglas ausgeführt und durch feststehende Lamellen geschützt. Beim alternativen Wärmepumpenversorgungskonzept kann das Gebäude über Fußbodenheizung mit der reversiblen Wärmepumpe auch moderat gekühlt werden.